Rechtsgeschichtlicher Kommentar zum Neuen Testament

7 Bände, Verlag de Gruyter, Berlin

Bibelwissenschaft und Rechtswissenschaft haben ein Gebiet gemeinsam, dessen Erforschung noch aussteht: die Rechtsgeschichte des Neuen Testaments. Eine Reihe von Fachleuten aus den Disziplinen Rechtsgeschichte, Judaistik und Neutestamentliche Theologie hat sich zusammengefunden zur Erläuterung all derjenigen Passagen des Neuen Testaments, die Rechtsbegriffe gebrauchen (auch wenn es nur metaphorisch ist), Rechtshandlungen erwähnen (Miete, Kauf, Vertretung usw.), Prozesse schildern (Prozess Jesu, Prozess des Paulus) oder sonstwie Auskunft geben über antikes Recht und Anregungen bieten zu künftiger Rechtssetzung, sei es kirchlicher, sei es solcher für die Gesamtgesellschaft.

Was fürs Alte Testament schon lange selbstverständlich ist, seine rechtsgeschichtliche Erforschung, liegt für das Neue Testament merkwürdigerweise brach, seit Hugo Grotius, von Beruf Jurist, seine Bibelkommentare schrieb. Dabei gäbe es Fragen in Hülle und Fülle.
Hat sich schon jemand darüber gewundert, dass wir ein Altes und Neues "Testament" haben, wo doch Testamente in der Welt Jesu rechtlich nicht zulässig waren? Hebräische Quellen kennen sie nur als Fremdwort und als zu zügelnden Missbrauch; griechisches und römisches Recht hingegen hat sie von Anfang an. Wie kommt Jesus dazu, ein "Neues Testament" zu begründen? – Die Übersetzung "Neuer Bund" stellt vor andere Fragen, denn Bundesschlüsse kennt zwar das Völkerrecht des Alten Orients, es gibt sie aber nicht zwischen Israeliten – so wie es auch keine Verträge gibt (von wenigen Sonderformen abgesehen). Für römisches Recht hingegen sind Verträge fundamental, weit mehr als Verheißungen mit Belohnung bzw. Strafe. Ein anderes Beispiel ist die Adoption, die das jüdische Recht nicht kennt, die aber als Metapher in beiden Testamenten eine wichtige Rolle spielt.

Die Christliche Theologie der letzten zwei Jahrtausende wird zu Recht aufgefasst als ein Amalgam aus biblischer Geschichte bzw. Prophetie mit griechischer Philosophie. Da wird eine dritte Komponente übersehen, nämlich all das, was an aramäischem, griechischem und römischem Recht mit eingegangen ist, u.z. schon in der Bibel selbst.
Als Metasprache der hier vorzunehmenden Auslegungen ist die Terminologie des heutigen deutschen Rechts unerlässlich, wird aber sorgfältig erläutert. Sie beruht v.a. auf derjenigen des römischen Rechts, die ihrerseits Grundlage war für die Naturrechtslehren bibelkundiger Protestanten der Barockzeit. Wegbereiter des vorliegenden Unternehmens waren Hugo Grotius, Samuel Pufendorf und Christian Wolff. Deren Schriften, in theologischer Hinsicht auf Luthers Zwei-Reiche-Lehre fußend, illustrieren in reichem Maße die Kontinuität in den hier anzuschneidenden Fragen von der Antike bis heute.
Jede der ca. 250 zu erläuternden Perikopen läuft aus in konkreten Angaben, wie die gestellten Fragen in heutiger deutscher Gesetzgebung und Rechtspraxis beantwortet werden.

Stand der Arbeit: Bd. I (Prolegomena, 720 S.) ist im Frühjahr 2023 erschienen. Von Bd. VII ist die erste Hälfte als Broschüre vorab erschienen: Johann Maier: Hebräisch-aramäisches Glossar zum jüdischen Recht in der Antike, Berlin: de Gruyter 2019 (323 S.).

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Veröffentlichungen

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Vita

Folker Siegert, geb. 1947, mathematisch-naturwissenschaftliches Abitur, Pflichtwehrdienst auf der Posaune, seit 1968 Studium der evangelischen Theologie und Judaistik mit Seitenblick auf Philosophie, Linguistik und Orientalistik in Erlangen, Göttingen, Heidelberg und Tübingen. Erstes theologisches Examen 1973, Zweites theologisches Examen 1975, diverse Forschungsstellen und Stipendien; Repetent am Ev. Stift in Tübingen 1979-82, Pfarrer in Eschwege-Niederhone 1983-91, Dr. theol. 1985, habilitiert im Neuen Testament 1991, o. Prof. für Neues Testament in Neuchâtel (Schweiz) 1991-1996, von da bis 2012 Professor für Neues Testament und Judaistik und Direktor des Institutum Judaicum Delitzschianum an der Universität Münster, zugleich Pfarrer. Lebt im Ruhestand am Sitz der Familie im Vogelsberg.

Impressum

Prof. Dr. Folker Siegert, Institutum Judaicum Delitzschianum, Wilmergasse 1, 48143 Münster